Schüler:innen der Oberstufe besuchen Auschwitz und Krakau

Verfasst am: 06.12.2022

Im Oktober 2022 haben 28 Schüler:innen der Jahrgänge 11-13 eine einwöchige Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz und Krakau durchgeführt. Anhand eines ausführlichen Reiseberichtes können Sie hier erfahren, was die Schüler:innen auf der Fahrt erlebt haben.

REISEBERICHT ZUR  GEDENKSTÄTTENFAHRT DES HAUSES DES ERINNERNS IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER IGS MAINZ-BRETZENHEIM NACH AUSCHWITZ UND KRAKAU

EINLEITUNG

Im Jahr 2022 fand erstmalig an der IGS Mainz-Bretzenheim eine Studienfahrt nach Auschwitz statt. Schüler:Innen der Oberstufe war es möglich; an dieser Fahrt für eine Woche teilzunehmen. Unser Interesse, wurde ein halbes Jahr bevor wir die Reise angetreten haben durch unsere Tutor:innen (Klassenlehrer:innen) geweckt. Seitdem haben wir uns bei zwei Vortreffen und in eigenen Studien nach unseren persönlichen Interesse auf die Fahrt vorbereitet. Beim ersten Vortreffen wurden uns allgemeine Informationen mittgeteilt, welche unser Interesse weiter weckten. Ein paar Wochen später fand ein erneutes Vortreffen statt, indem wir vertiefend Themen besprachen und erarbeiteten sowie die Zimmeraufteilung klärten sowie Fragen an die Zeitzeugin und an die Student:innen formulierten. So freuten wir uns auf eine interessante, lehrreiche und spannende Fahrt. 

VORTREFFEN

Das Vortreffen hat damit Begonnen, dass das Programm besprochen wurde. Danach präsentierte Henrik Drechsler, unsere Begleitung vom Haus des Erinnerns in Mainz, einen Übersichtsvortrag zum Thema Holocaust. Er ist dabei speziell auf Ereignisse mit lokalem Bezug zu Mainz und Schicksale Mainzer Bürger in Auschwitz eingegangen. Anschließend wurden wir in Kleingruppen aufgeteilt und haben zu drei Themenbereichen gearbeitet. 

• Die erste Gruppe beschäftigte sich mit dem historischen Hintergrund der Zeitzeugin Stefania Wernik, welche wir in Oświęcim treffen sollten und deren Mutter. Weiterhin hat sich die Gruppe noch Fragen überlegt, um sie beim Zeitzeugeninterview stellen zu können.
• Die zweite Gruppe informierte sich über Witold Pilecki, dessen Namen die örtliche Hochschule in Oświęcim trägt. Außerdem bereitete man sich auf eine Begegnung mit polnischen Student:innen vor und erstellte einen Fragenkatalog für die Veranstaltung.
• Die dritte Gruppe hat sich allgemein mit Polen, im Speziellen mit wichtigen Vokabeln, Traditionen, Währung etc. beschäftigt. Ein weiterer Themenbereich der dritten Gruppe war das angemessene Verhalten in Konzentrationslagern mit dem Fokus auf das Verhalten in Auschwitz.

Nachdem alle drei Gruppen ihre Themenbereiche bearbeitet hatten, wurden die Ergebnisse in kleinen Vorträgen der gesamten Gruppe vorgestellt und besprochen. 
Am Ende schenkten unsere Lehrer jedem noch das Buch „Der Buchhalter von Auschwitz“ von Reiner Engelmann, damit wir uns schon im Vorfeld ein wenig mit Auschwitz beschäftigen konnten. 
Nach vier Stunden der Vorbereitung war das Treffen zu Ende und wir wurden um 19.00 Uhr ins Wochenende entlassen. 

STUDENTENBEGEGNUNG AN DER STAATLICHEN RITTMEISTER WITOLD -PILECKI-HOCHSCHULE OŚWIĘCIM

Nach unserer Ankunft in Oswiecim war die Studentenbegegnung unser erster Programmpunkt. Wir blickten auf ein ganz normales Universitätsgebäude welches ins Licht der untergehenden Sonne eingetaucht wurde. An uns ging eine Gruppe gutgelaunter Studenten vorbei. Eigentlich hatten wir etwas anderes erwartet anhand der Geschichte des Gebäudes. Auf uns warteten die Anglistikstudent:innen zusammen mit ihrer Deutschdozentin im Innenhof der Hochschule. Die Führung begann mit einer kurzen Vorstellungsrunde woraufhin wir Hintergrundinformationen über dir Geschichte des Gebäudes erhielten: Das Uni-Gebäude war vor dem Zweiten Weltkrieg eine Tabakfabrik, welche später zur Unterbringung der ersten Häftlinge von Auschwitz diente. Deren Aufgabe war es, das Stammlager zu erbauen. Im Inneren des ersten Gebäudes stellte einer der Studenten die Heldentaten des Namensträgers der Universität, Witold Pilecki, vor. Er war Soldat und hatte sich freiwillig ins KZ Auschwitz einliefern lassen. Dort organisierte er Widerstandsgruppen im Untergrund, sammelte Beweise und gab diese nach seiner Flucht an die Alliierten weiter. 
Auch heute findet man noch Erinnerungsstücke in der Universität, die an die Vergangenheit erinnern. Die Studenten führten uns durch die Gebäude und informierten uns über zum Beispiel die Zeichnungen welche Häftlinge angefertigt hatten, die über das Leid im KZ erzählten; oder die Notiz, welche in einer Wand des Gebäudes gefunden wurde. Die Studenten wirkten zum Teil nervös; manche hatten einen starken polnischen Akzent in ihrem Englisch, weswegen es teilweise anstrengend wurde zuzuhören oder sie zu verstehen. Nichtsdestotrotz wirkten sie offen und nett. 

Schüler:innengruppe vor der Hochschule in Oswiecim

Gegen Ende der Führung setzten wir uns in einem großen Hörsaal zusammen, um die zuvor vorbereiteten Fragen den Student:innen zu stellen. Manche der Student:innen hatten sich diese schon im Voraus durchlesen können und dementsprechend als Antworten Kurzvorträge vorbereitet. Eine Studentin beantwortete unsere Frage bezüglich der Erinnerungskultur vor Ort. Sie erzählte uns von einer jüdischen Familie aus Oświęcim, die auf Auslandsreise war, als der Krieg ausbrach und ihrer Tochter in Polen zurücklassen musste. Sie wurde Opfer des Holocausts. Zu ihrem Gedenken verlegte man einen Stolperstein vor ihrem ehemaligen Wohnhaus.  
Eine weitere Studentin berichtete uns von ihrer Freiwilligenarbeit welche die Aufarbeitung und Digitalisierung von Dokumenten aus dem KZ beinhaltete. Sie gab uns Motivation, Eigeninitiative zu zeigen und uns weiter mit dem Thema zu befassen. Auf unsere Frage, ob sie wegen der Vergangenheit negative Gefühle gegen Deutschland hegten, versicherten die Student:innen uns, das wir keinerlei Schuldgefühle mit uns tragen müssen, da wir keinen Einfluss auf die damaligen Geschehnisse hatten. Die Student:innen finden, dass man Oświęcim und Auschwitz trennen sollte, da Auschwitz die Vergangenheit beschreibt und Oświęcim für eine bessere Zukunft steht. Diese Aussage fanden wir sehr passend und es freute uns, dass die Student:innen trotz der Vergangenheit positive Aussichten auf die Zukunft haben. 
Nachdem alle Fragen von beiden Seiten beantwortet waren fand man sich im Innenhof in Grüppchen wieder um sich mit den Studenten noch privat zu unterhalten und persönlich kennenzulernen. Sobald wir das Auditorium verließen zerfiel die Anspannung und es entstanden lebhafte Konversationen. Wir kamen zu dem Entschluss, dass der Hörsaal nicht unbedingt der geeignet Ort für einen entspannten Dialog war, da die polnischen Student:innen wie auf einer Bühne vorgeführt wurden, was die Situation entfremdet hatte.  

Studierende der Hochschule halten Vorträge

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Student:innen eine bodenständige Art aufzeigten und gerne bereit waren, mit uns in Kontakt zu treten. 

BESUCH DES STAMMLAGERS

“ARBEIT MACHT FREI”- Bei unserem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz, am 13.10.2022,während der Führung wurde uns immer bewusster, wie zynisch dieser Spruch ist. In unseren vierstündige Führung im Stammlager Auschwitz wurden wir in zwei Gruppen mit jeweils einem Guide aufgeteilt. Die Guides führten uns durch das Konzentrationslager, sie zeigten uns die Ausmaße und beantworteten unsere Fragen sehr ausführlich. Das erste das wir gesehen haben, war das Tor mit der Aufschrift ,,Arbeit macht frei“. Der erste Eindruck, als wir in das Lager getreten sind war nicht direkt der eines KZs, sondern man brauchte erst Informationen um das Ganze richtig zu verinnerlichen und zu realisieren. Dies geschah vor allem durch z.B. persönliche Gegenstände oder Berichte über Einzelschicksale. 
Im Block 5 wurden persönliche Gegenstände der Häftlinge gezeigt. Dort befanden sich unter anderem Gebetsschalen, Kinderschuhe- und Kleidung, Haare, Suppenschalen und beschriftete Koffer. Die Koffer und Haare gingen uns besonders nahe. Die Tatsache, dass die Menschen mit ihren Koffern in Auschwitz ankamen, zeigt, dass sie auch erwarteten, Auschwitz wieder zu verlassen. Es war umso bedrückender zu wissen, was letzten Endes mit ihnen passierte. All diese Traditionen, Geschichten und Weisheiten wurden aufgrund von unberechtigtem Hass ausgelöscht. Sobald wir den nächsten Raum betraten, wurde es still. Zu sehen waren über zwei Tonnen abrasierter Haare und Zöpfe. Die Massen überwältigte uns und wir gingen leise und sprachlos daran vorbei. Durch die persönlichen Gegenstände wurden aus fremden Zahlen persönliche Geschichten. 

Lagertor des Stammlagers

Im Block 7 gab es eine Ausstellung. Wir gingen eine steile Treppe hinauf. Zu sehen waren die Häftlinge mit geschorenen Haaren und in gestreifter Häftlingskleidung. Darunter stand der Name, die Häftlingsnummer, der Beruf, das Geburtsdatum, der Tag der Deportation nach Auschwitz und der Todestag. In diesem Moment realisierten wir, dass alles bis auf das kleinste Detail durchgeplant war. Es war ein sehr bedrückendes Gefühl diesen ganz langen Flur mit den hohen Wänden voller Portraits zu sehen, wobei das noch lange nicht alle Portraits von allen Häftlingen waren. Wir betrachteten einen Mann etwas genauer. Man erkannte das Leid und die Schmerzen in seinem Gesicht. Abraham Feiler, der genau drei Tage in Auschwitz war - vom 24.02.1942 bis zum 27.02.1942. Dies regte uns zum Nachdenken an. Der Flur und vor allem die Bilder mit den Gesichtern von Kindern, welche mit Angst erfüllt waren lösten ein herzzerreißendes Gefühl in uns hervor. In dem Raum nebenan sahen wir ein Bild mit vier jungen Mädchen, die Opfer von Mengeles Experimenten wurden. Sie waren so dünn und unterernährt, dass man die Rippen erkennen konnte und es kaum möglich war Geschlechtsorgane zu identifizieren. 
Später kamen wir zu einer Baracke, die zu einer jüdischen Länderausstellung umfunktioniert wurde. Diese Ausstellung hatte einen roten Faden, welcher einen durch die Geschichte der Juden im Zweiten Weltkrieg führte. Angefangen mit persönlichen Videos und Aufnahmen jüdischer Familien vor Kriegsbeginn. Der Einblick in ihr persönliches Leben hat den Bezug zu ihnen verinnerlicht und klar gemacht, wie so ein Schicksal jeden hätte ereilen können. Es war bedrückend zu wissen, was mit diesen Menschen letztendlich passiert ist. Weiter ging es zu einem Raum, in dem Hassreden gegen Juden von z.B. Adolf Hitler oder Joseph Göbbels zu sehen waren. Es war erschreckend, die jubelnden und begeisterten Menschenmengen zu betrachten. Wie diese normalen Menschen von den Deutschen schon fast wie Monster dargestellt wurden, stellte einen extremen Kontrast dar. Das Aufputschen des deutschen Volkes gegen die Juden durch diese Reden war sehr erschreckend. Im nächsten Raum wurde der Holocaust in seinem Ausmaß dargestellt. Zu sehen war eine Landkarte mit den einzelnen Konzentrationslagern und der Zahl der dort umgekommenen Opfer. Weiter ging man in einen Raum, in welchem Zeitzeugenberichte und Bilder von Leichen ausgestellt wurden. Dort bekam man einen tieferen Einblick in die Massenvernichtung und die diesbezüglichen Zuständen in Auschwitz. Im nächste Raum wurde es emotional, obwohl dieser Raum sehr schlicht gehalten war. An seinen weißen Wänden wurden Kinderzeichnungen gezeigt, die eine Geschichte von der Vorkriegszeit bis hin zum Tod im KZ erzählten. Wenn man aus den Fenstern schaute, sah man den Stacheldrahtzaun des KZs. Die Sterilität der Ausstellung ließ einen kurz das Grauen vergessen und dann, beim Rausschauen, wurde einem das Ganze wieder bewusst. Der letzte Raum zeigte das „Resultat“, in ihm ein raumgroßes Buch mit Namen der Juden, die im Holocaust gestorben sind und die man identifizieren konnte. Dazu kam eine Wand mit Familienfotos von den Überlebenden des Holocaust. Dieser Schluss ergänzt den Anfang des Rundgangs im Haus und stimmte zuversichtlich für die Zukunft.  

Schüler:innengruppe im Stammlager

Bei dem Besuch der Kellergewölbe in Block 10 wurden wir zu den Stehzellen geführt. Es waren circa zwei Quadratmeter große Zellen in denen drei bis vier Häftlingen gleichzeitig über die Nacht verharren mussten. Aufgrund der Größe blieb ihnen nichts anderes übrig, als mehr als zwölf Stunden zu stehen. Meist auch mehrere Tage lang. Bei dem Anblick der Zellen fühlten wir uns bedrückt und waren von der Enge geschockt. Beim Weitergehen liefen wir an Hungerzellen vorbei, in denen ausgewählte Häftlinge wochenlang auf ihren Hungertod warteten. In einer von ihnen wurden zum Andenken Kerzen aufgestellt, die an den Priester Maximilian Kolbe, der sein Leben für das einen anderen Häftling opferte, erinnern sollten. Dies hat einem gezeigt, dass trotz der im Lager herrschenden Hass und Grausamkeit noch Menschlichkeit und Nächstenliebe vorhanden war. Am Ende der Führung kamen wir zu einem Krematorium mit einer Gaskammer. In dem Moment, in welchem man die Gaskammer betrat, wurde einem nochmal bewusst, was für grausame Dinge in diesem Raum gemacht wurden. So erfuhren wir zum Beispiel von der Geschichte der ersten Versuche mit Zyklon B an sowjetischen Kriegsgefangenen, bei denen manche bis zu drei Tage durchgehalten haben und immer wieder eine neue Dosis des Gases bekamen. Mit jeder Dosis, die sie überlebten, wurde das Leiden qualvoller. Diese Geschichte berührte und schockierte uns alle, da sie einfach nochmal die Gefühllosigkeit und den Hass der Nazis gegenüber anderen zeigte und es außerdem der Beginn der Massenvernichtung mittels Zyklon B war. 

ZEITZEUGENINTERVIEW MIT STEFANIA WERNIK

Durch einen unglücklichen Zufall kam die schwangere Mutter von Stefania Wernik in Gefangenschaft und wurde nach Birkenau deportiert. Stefania Wernik wurde im KZ Auschwitz-Birkenau geboren. An ihr und vielen weiteren hat Mengele Experimente durchgeführt. 
Heute hat sie die Geschichte von ihr und ihrer Mutter mit uns geteilt. 

Gruppenfoto mit Frau Wernik und Frau Wessling

Das Leid ihrer Mutter und auch das Leid des kleinen Säuglings sind unvorstellbar. Frau Wernik teilt ihre Geschichte mit uns, um uns die Wahrheit näher zu bringen. Darum ließ sie auch Jahre nach dem Krieg ihren Geburtsort wieder in Oświęcim ändern. Ihr Vater hatte nämlich damals, um sie zu schützen das Dorf, in dem sie nach dem Krieg lebten, als Geburtsort angegeben. Es sei einfach die Wahrheit: Stefania Wernik wurde in Auschwitz geboren. 
Im Gespräch mit ihr wurde uns klar, welche Folgen dieses Leid bis heute für sie hat. Das Lagersyndrom betrifft sie leider ebenso wie verschiedene Krankheiten, darunter auch Nervenkrankheiten. 
Besonders eindrücklich für uns war, dass ihre Mutter die damals drei Monate alte Stefania nach der Befreiung 15 Kilometer auf einem provisorischen Schlitten gezogen hat. Sie war unfassbar schwach und wog 28 Kilogramm. Wie sehr ihre Mutter für ihre Tochter gekämpft hat, ist unglaublich. 
Im Gespräch mit ihr haben wir einen Eindruck von Stefania als Mensch erhalten dürfen: Sie ist sehr freundlich gewesen und hat auch Persönliches mit uns geteilt. Sie hat von ihrem Ehemann und ihren Kindern erzählt und uns Bilder gezeigt. Besonders ihre Antwort auf die Frage, was sie von Menschen, die heute rechtsradikal denken oder sogar antisemitisch sind, denkt, hat uns beeindruckt. Sie sagte uns, dass jeder seine eigene Meinung haben darf, jeder aber entscheiden muss, ob er sich für das Gute oder Schlechte entscheidet. Das ein Mensch so offen und positiv sein kann und sich dazu entscheidet, weiterhin ihre eigenen traumatischen Erlebnisse und die ihrer Mutter immer wieder mit anderen zu teilen, ist bemerkenswert. 

Schüler:innengruppe beim Zeitzeuginneninterview

Durch das Gespräch mit ihr wurde uns klar, dass diese Grausamkeit noch nicht lange her ist: Menschen, die das erlebt haben, berichten heute davon. Trotzdem ist uns klar, dass dies nicht mehr lange möglich ist und deshalb ist die Botschaft, die Stefania Wernik und auch andere Zeitzeugen vermitteln, eine unfassbar wichtige: wachsam zu sein und sich dafür einzusetzen, dass so etwas nie wieder geschieht. 
Mit auf den Weg gab sie uns deshalb folgende Worte: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, es genügt kurz unaufmerksam zu sein und die Geschichte wiederholt sich.“ 

BESUCH VON AUSCHWITZ-BIRKENAU

Am 14.10.2022 wurde uns in zwei Gruppen mit jeweils einem Guide, welchen wir auch am Vortag hatten, das Gelände von Auschwitz-Birkenau gezeigt. 
Unsere Führung startete um 10 Uhr am Haupteingang. Zunächst wurde uns das Quarantäne-Lager der Männer gezeigt, dessen originalgetreu restaurierten Barracken in einer Reihe aufgestellt wurden. Eine Sanitärbarrake und eine Wohnbaracke mit Pritschen sahen wir von Innen. Nach dem Quarantänelager und den dortigen Berichten über zum Beispiel das „Scheißkommando“ gingen wir auf die Rampe zu, entlang dem „Theresienstädter- und dem Zigeunerlager“.  Bereits hier wurde uns erstmals bewusst, wie riesig die Anlage ist, welche Dimensionen die Vernichtung angenommen hatte und wie unvorstellbar die Lebensbedingung in dem Konzentrationslager gewesen sein müssen. Auf den Gleisen stand zudem ein Güterwaggon, zu dem uns erzählt wurde, dass in jeden dieser Waggons bis zu 80 Menschen unter unmenschlichen Bedingungen transportiert worden. Wir waren erschüttert. 

Waggon auf der "Judenrampe" in Birkenau

Auf dem schlecht zu laufenden Weg, der „Todesstraße“ oder auch „Todesweg“ genannt wurde, liefen wir bis zum Denkmal. Die Vorstellung, den gleichen Weg zu laufen, der unzähligen Menschen in den Tod führte, war schockierend. Erschreckend war auch der Fakt, dass während die Familien hier entlang liefen, Marsch-Musik gespielt worden sein soll. Zusätzlich wurde uns das Leiden der Häftlinge noch bewusster als uns gesunden, wohlgenährten Schüler: innen der Weg bereits zum Teil erschöpfte. 
An dem Denkmal nahmen wir uns alle einen Moment, um an die Todesopfer zu denken. Auch die Trümmer des von den Nazis gesprengten Krematoriums Nummer 2, das sich neben dem Denkmal befinden, waren beunruhigend. 

Haupteingang des Lagers Auschwitz-Birkenau

Den Weg weiter entlang liefen wir durch einen Birkenwald. Hier bekamen wir zu verstehen, warum dieser Ort Birkenau genannt wurde. Es ist ein äußerster Kontrast von schöner und ruhiger Natur umgeben zu sein in dem Bewusstsein welch schrecklichen Dinge an diesen Ort geschehen sind. In der einen Gruppe nahm sich der Tour-Guide Zeit, um hier von verschieden Einzelschicksalen und Widerständen zu erzählen. Diese fanden wir besonders bewegend. 
Vorbei am Lager „Kanada“ gelangten wir zu dem Gebäude, das in der Lagersprache die „Sauna“ genannt wurde. die Es kam uns surreal vor, dort den gleichen Flur und die gleichen Räume zu betreten, die einst tausende Häftlinge passieren mussten. Im letzten Raum gibt es Wände voller Bilder. Es war ein beklemmendes Gefühl all diese Gesichter zu sehen. Sie alle hatten Namen, ein Leben doch an diesen schrecklichen Ort wurde ihnen alles genommen. 
Ein ebenfalls bedrückendes Gefühl hatten wir, als wir zum Krematorium Nummer 5 kamen. Der Gedanke, auf den gleichen Boden zu stehen, der mit dem Blut und der Asche der Opfer gedrängt ist, war bedrängend. Das Wissen, dass die Mütter, Kinder und Väter unter den Bäumen neben den See, dessen Bode mit der Asche und Kochen der Toten bedeckt sein soll, auf den Tod warteten, war einfach nur „verletzend“.  

Der Teich

Auf den Rückweg liefen wir über eine Straße, die zwischen zwei Lagerabschnitten verläuft. Von hieraus sahen wir einen Wassertank, dessen Funktion und Missbrauch auch in Verbindung mit einer Geschichte von Mala und Edek berichtet wurde. Unsere letzte Station war das ehemalige Frauenlager, welches aus Backsteinbarracken bestand.  
Wir haben viel von den Leiden berichtet bekommen, doch nicht allzu viel über das Leben der SS-Offiziere und den Experimenten von Josef Mengele. Gerne hätten wir hierzu mehr Infos bekommen, doch dort zu sein und die Dimension zu sehen war auf beunruhigende Art beeindruckend.  

Pritschen im Frauenlager

WORKSHOP IM „INTERNATIONAL CENTER FOR EDUCATION ABOUT AUSCHWITZ AND THE HOLOCAUST“

Bei unserem Workshop im International Center for Education about Auschwitz and the Holocaust beschäftigten wir uns mit dem Schicksal der Kinder im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Der Workshop stellte sich hierbei als eine Mischung aus einem mit PowerPoint unterstütztem Vortrag und einer interaktiven Quellenarbeit in Kleingruppen dar.  Hierbei bestand unsere Aufgabe darin, Plakate mit Hilfe von Ausgewähltem Quellenmaterial so zu gestalten, wie wir sie uns wünschen würden, dass sie in einer Ausstellung hängen würden. 

Gruppenarbeit beim Workshop

Ein besonderer Fokus lag bei allen Gruppen auf den ausgegebenen Bildquellen, da diese doch sehr eindrucksvoll auf uns wirkten. Zu den Themen, mit denen wir uns beschäftigen zählten unter anderem: Lebensbedingungen, Kinderhilfe im KZ, das Leben nach Ausschwitz, Gewalt im Lager und Kinderarbeit im KZ. 
Am Ende war es so möglich, eine kleine Ausstellung in Form eines Rundganges entlang der Plakate zu unternehmen. Hierbei stelle jede Gruppe den anderen Gruppen ihr eigenes Thema vor. Das Ende des Workshops bildete die Frage nach einem zusätzlichen Plakat, das die Ausstellung abrunden sollte. Wir dachten zunächst daran, welchen Aspekt des Lebens der Kinder wir vergessen haben könnten und machten diesbezüglich Vorschläge. Die Museumspädagogin schlug uns dann aber ein weiteres Plakat mit dem Titel „Nie wieder!“ vor. Dies erschien uns allen passend als Aussage dahingehend, dass das Grauen des Dritten Reichs und des Holocaust nie wiederholt werden dürfen. 
Das Thema und auch die Methodik des Workshops waren grundsätzlich sehr interessant und gut gewählt, allerdings war sich die gesamte Gruppe im Nachhinein einig darüber, dass die Herangehensweise der Kursleiterin nicht die besten gewesen ist. So hätten wir uns, nachdem wir Birkenau besucht hatten, doch lieber mit den Schicksalen einzelner Häftlinge beschäftigt als noch einmal mit Informationen zu den Kindern, über die wir bereits im Stammlager und im Zeitzeuginneninterview Vieles erfahren hatten. 

Präsentation der Arbeitsergebnisse des Workshops

DER TAG IN KRAKAU

Stadtführung in Krakau

Nach der Ankunft in Krakau sind wir auf unseren Tour-Guide getroffen. Mit ihr fuhren wir ins jüdische Viertel (Kazimierz), wo wir zuerst an der Tempel-Synagoge hielten. Dieser ist für die orthodoxen Juden nicht als Tempel anzusehen, da es nur einen in Jerusalem geben kann, für die liberaleren jedoch schon. Wenige Schritte weiter ging es zum Jüdischen Gemeindezentrum Krakau, welches 2008 durch die Unterstützung von König Charles entstand. Daraufhin ging es zum neueren jüdischen Friedhof. Auf diesem wurde uns die jüdischen Bestattungsrituale nähergebracht. Eine der bekanntesten Traditionen ist das Legen eines Steins auf den Grabstein eines Verstorbenen. Eines der wichtigsten Gebote ist das Verbot, die sterblichen Überreste nach dem Begräbnis noch einmal zu verlegen. Dies veranschaulichte unsere Guide noch einmal am alten Friedhof bei der Synagoge Remu, welcher sich an der Szeroka-Straße befindet. Hier wurde ein Stück des Friedhofes verlegt, um die Straße um einen Bürgersteig zu erweitern. Uns wurde erzählt, dass die streng orthodoxen Juden diesen Gehweg vermeiden, da Friedhöfe nur gewaschen betreten werden dürfen. 

Grabsteine auf dem neuen jüdischen Friedhof in Krakau

Entlang jüdischer Restaurants ging es dann zur alten Synagoge, welche wir besichtigten. Diese war vor einiger Zeit zu einem Museum umgestaltet worden. Hier gab es diverse jüdische Relikte sowie Bilder jüdischer Künstler zu sehen. Abgeschlossen wurde die Führung an einem Drehort aus „Schindlers Liste“. Dieser Film beeinflusste Krakaus Umgang mit der eigenen jüdischen Geschichte immens. 

Klezmer-Abend im Restaurant Ariel in Krakau

Beendet haben wir den Tag, als wir uns mit allen Teilnehmenden im jüdischen Restaurant Ariel zu einem Klezmer-Abend trafen. Es gab traditionelles Essen sowie Musik. 
Der Tag in Krakau war einer intensiven Auseinandersetzung mit jüdischer Kultur und Geschichte gewidmet. 

ÖFFENTLICHE PRÄSENTATION DER FAHRT AM TAG DER INFORMATION

Ausstellungsstand am Tag der Information

Unsere Schule hatte am Samstag, den 05.11.2022 einen Tag der offenen Tür. Diese Gelegenheit haben wir genutzt, um einer breiten Öffentlichkeit Informationen über unsere Studienfahrt zu präsentieren. Wir wurden jeweils in Dreier- bis Vierergruppen für 45 Minuten an einem Stand zu Auschwitz eingeteilt. An diesem Stand gab es eine Pinnwand, an welcher Bilder von unserer Fahrt angebracht waren. Zudem hatten wir zwei Tische. Auf einem waren Bücher, die wir vor Ort in Auschwitz gekauft haben. Auf dem anderen befand sich dieser Reisebericht, der von uns geschrieben und zusammengestellt wurde. Zunächst wurde klar, dass wir den Großteil unserer Zuhörer ansprechen und das Interesse wecken mussten. Als wir uns dann mit ihnen unterhalten haben, haben wir überwiegend über unsere eigenen Eindrücke gesprochen und konnten jedem nur empfehlen, diese Erfahrung einmal selbst zu machen. Meistens kamen danach auch noch vertiefende Fragen auf, die wir natürlich gerne beantwortet haben.  

Ausstellungsstand am Tag der Information

NACHBEREITUNG DER FAHRT

Unser Nachtreffen, am 18.11.2022, begann mit einer Präsentation von Henrik Drechsler über die medizinischen Versuche, die an Häftlingen durchgeführt wurden. Nach unserem Besuch interessierte die Teilnehmenden das Walten der NS-Ärzte in Auschwitz und insbesondere die Versuche Josef Mengeles an Kindern bzw. Zwillingspaaren. Herr Drechsler erklärte sich dankenswerterweise bereit, uns diese Informationen in Form einer Präsentation zugänglich zu machen. Des Weiteren haben wir auch drei Zeitzeugen-Interviews gehört, welche zum Teil Originalaussagen von ehemaligen Häftlingen im Rahmen der Auschwitz-Prozesse beinhalteten. Als nächstes haben wir uns in kleinen Gruppen zusammengesetzt, um unser Portfolio zu vervollständigen. Das Portfolio diente bereits während der Fahrt der Reflexion der einzelnen Programmpunkte. Diese Reflexion wurde beim Nachtreffen abgeschlossen. Zum Abschluss haben wir uns eine Diashow mit Bildern unserer Fahrt, die von einer Mitschüler:innen zusammengestellt wurden, angeschaut. 

Henrik Drechsler bei seinem Vortrag am Nachtreffen
Gruppenarbeit während des Nachtreffens

FAZIT

Die vier Tage in Auschwitz und die zwei Tage in Krakau, haben uns einen komplett anderen Einblick in die NS-Geschichte gegeben.  
Zukünftigen Klassen können wir diese Fahrt sehr empfehlen, denn man hat die Möglichkeit, bereits theoretisch gelerntes vor Augen geführt zu bekommen und die Dimension der Grausamkeit der NS-Zeit kennenzulernen. Zu sagen, dass die Fahrt Spaß gemacht hat, würde sich nicht ganz richtig anfühlen, aber es war auf vielen Ebenen unglaublich interessant und gab uns die Möglichkeit, nicht nur geschichtliches zu erfahren, sondern auch neue Menschen kennenzulernen.  
Dazu kommt die einzigartige Erfahrung in Krakau mehr über das jüdische Leben und dessen Riten bezüglich der Begräbnisse zu lernen. Uns persönlich hätte es sehr gefallen, wenn wir noch länger in Krakau gewesen wären, um die historischen Aspektr der Stadt und deren Sehenswürdigkeiten genauer kennenzulernen und anschauen zu können. 
Jetzt - wenn wir nach unseren Erfahrungen auf der Studienfahrt gefragt werden - können wir im Detail von den verschiedensten Aspekten, Perspektiven und Handlungen im Konzentrationslager erzählen und somit die Geschichte am Leben erhalten. Genau wie es sich Stefania Wernik und andere Zeitzeug:innen gewünscht haben. 
Diese Fahrt wird uns noch unser gesamtes Leben begleiten. Wir, als die junge Generation, haben die Verantwortung, weder Rechts- noch Linksextremismus einen Platz in unserer Gesellschaft zu geben. Die Nazis haben 1933 zwar nicht die absolute Mehrheit bei den Wahlen erhalten, aber trotzdem waren sie mit 40 % der Stimmen die stärkste Partei im Parlament. So etwas dürfen wir niemals wieder zulassen. Deshalb ist diese Art der politischen Bildung unabdingbar in einer international vermehrt rechten politischen Szene. 

DANKSAGUNG

Wir möchten uns herzlich bei allen Förderern unserer Gedenkstättenfahrt bedanken. Ohne Ihre finanzielle Unterstützung hätten wir dieses Programm nicht im Ansatz realisieren können. 

Impression von der Hinfahrt
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